18 KOMMUNIKATION SparkassenZeitung 01/21 SELBSTDARSTELLUNG Körpersprache? Können Sie vergessen! Wie kommt man über Standpunkt und Sprache zum überzeugenden Auftritt? Ein Unternehmenscoach weist Wege zur authentischen Haltung. Christoph Münzner DDer Top-Manager eines Finanzunterneh- mens hat uns gestanden, dass er immer wieder seine kleine Tochter bestiehlt. Er greift regelmäßig in ihren Legokasten und nimmt sich eines der bunten Steinchen mit in die anstehende Pressekonferenz. Warum? Weil er sonst nicht wisse, wohin mit seinen Händen. Von einem Geschäftsführer wissen wir, dass die Unternehmenskommunikati- on ihn nur aus einem einzigen Grund mit eigentlich überflüssigen Slides versorgte – damit er sich während seiner Präsentation an einem Pointer festhalten konnte. Hochrangige Führungskräfte berich- ten uns immer wieder, dass sie sich bei Vorträgen und in Interviews plötzlich fra- gen, wie und wann man am besten atmet, auf welchem Bein es sich besser steht, wie viel Gestik erlaubt ist, und welche Mimik man wohl aufsetzen sollte, um das Gesag- te zu unterstreichen. Ja, die Körpersprache ist ein großes und wichtiges Thema. Sie entscheidet (mit) darüber, ob Sie Ihr Publikum nur be- schallen oder begeistern, ob Sie als kom- petent und empathisch oder als arrogant und unnahbar wahrgenommen werden. Und vor allem, ob Ihre zentralen Bot- schaften lediglich ausgesprochen oder wirklich verstanden werden. Die meisten unserer Coaching-Teilnehmer äußern völ- lig zu Recht den Wunsch nach einer prä- senten Körpersprache: „Ich möchte an Gestik und Mimik arbeiten. Sichtbar bes- ser rüberkommen, wenn ich öffentlich präsentiere – das ist das Ziel.“ Eine geplante Gestik macht misstrauisch Wer in den entscheidenden Momenten öffentlicher Kommunikation über seine Mimik nachdenkt, den richtigen Stand oder die Haltung seiner Hände, wird kaum einen überzeugenden, authenti- SIEBEN WEGE ZUR AUTHENTISCHEN KÖRPERSPRACHE – OHNE AN GESTIK UND MIMIK HERUMZUDOKTERN: ÜBERLISTEN SIE SICH SELBST: Wer jede Präsentation beginnt wie die davor und die davor und die davor und die danach…, darf sich nicht wundern, wenn sich die Monotonie der (inneren) Haltung auch auf die Körperhaltung überträgt. Ein etwas anderer Einstieg (eine Interaktion mit dem Publi- kum, ein Bild, eine Provokation) kann bereits helfen, sich selbst in die notwendige, positive Spannung zu bringen. Mehr Präsenz von Körper und Stimme ist das Ergebnis. ENTSORGEN SIE ALLE BUZZWORDS, MACHEN SIE ES KONKRET! Welche Gestik und Mimik sollte schon passen, wenn Sie über einen „innovativ-kreativen Maßnahmenkatalog einer Projektplanungskommission“ fabulieren? Je konkreter Sie in Ihrer Sprache werden (bringen Sie Bespiele für die Innovation oder Kreativität), desto leichter wird Ihre Gestik Ihnen folgen. Konkrete Sprache führt zu differenzierter und passender Körpersprache. FINDEN SIE IHREN PERSÖNLICHEN ZUGANG. Ein besonderes Erlebnis, das Sie mit dem Projekt verbinden, eine Begeben- heit, die Ihr Herz höherschlagen lässt – all dies beeinflusst Ihre Haltung im doppelten Wortsinn. Wer nur Fakten refe- riert, ist häufig distanziert und starr – in Sprache und Gestik. NUTZEN SIE SPRACHLICHE BILDER. Wenn es Ihnen gelingt, Ihre Botschaften vor den Augen und Ohren Ihrer Zuhörer zum Leben zu erwecken und zu illustrieren, können Sie Ihre Körpersprache getrost – vergessen. Wenn Sie über den oft zitierten sooooo großen Fisch sprechen, den Sie gefangen haben, müssen Sie sich keine Gestik vornehmen. Ihre Arme werden sich automatisch öffnen und auch wieder schließen. SCHAFFEN SIE STRUKTUR. Übersetzen Sie Ihren 20-minü- tigen Vortrag gedanklich in das schön gestaltete Layout eines Hochglanzmagazins – mit Kapiteln, Überschriften, Absätzen, Bildern, Grafiken, Zitaten, Fußnoten, Info-Kästen. Ein roter Faden wird von jedem Publikum dankbar aufge- nommen; er verhilft Ihnen zudem zu mehr Sicherheit auf der Bühne und vor der Kamera. Sicherheit ist eine der Grund- lagen einer präsenten Körpersprache. BRINGEN SIE SICH IN STIMMUNG: Ein aufgesetztes und unehrliches Lächeln ist der sicherste Weg – zu Misstrauen. Finden Sie den Aspekt in Ihrem Vortrag, der Sie automatisch lächeln lässt (eine Begebenheit, eine unfassbare Zahl, über die Sie selber staunen, ein besonderer Moment mit Ihren Kunden und Partnern). Auch wenn der eine oder andere CFO oder Fachbereichsleiter jetzt aufstöhnt: Auch in den trockensten Themen finden sich Momente, an die Sie gerne denken. ÄNDERN SIE (GEDANKLICH) DAS FORMAT VOM MONOLOG ZUM DIALOG. Alles Kopfsache: Begreifen Sie Ihren Vortrag nicht als Referat Ihrer Inhalte und Botschaften, sondern vielmehr als Gespräch, bei dem Sie sich von den Fragen Ihrer Zuhörer leiten lassen. Sie haben in Ihrem Leben schon hunderttausende Gespräche geführt – haben Sie jemals über Ihre Hände und Arme nachgedacht? schen Auftritt auf die Bühne oder vor die Fernsehkamera bringen. Im Gegenteil. Mit einer geplanten Gestik werden Sie höchstwahrscheinlich nur eines gewin- nen: das Misstrauen Ihrer Zuhörer. Gera- de für Branchen, deren wichtigstes Kapi- tal das Vertrauen ihrer Kunden, Partner und Investoren ist, ein nicht wiedergut- zumachender Reputationsschaden. Statt Ihre Konzentration also darauf zu verwenden, an Hände, Füße, Schultern und Augenbrauen zu denken, sollten Sie auf Ursachenforschung gehen. Denn für jede Gestik (auch für eine fehlende) gibt es Gründe. Abstrakte Sprache hemmt natürliche Bewegung Wer keinen festen Stand findet, hat mögli- cherweise keinen festen Stand-Punkt. Wer ständig mit seinen Armen rudert, schlin- gert höchstwahrscheinlich auch in seinen Argumenten. Und kleben die Hände steif und fest am Körper, könnte es auch an ei- ner unnötig abstrakten Bühnen-Sprache liegen, die keine natürliche Bewegung provoziert. Eine überzeugende und authentische Körpersprache ist immer ein Ergebnis: von klarer Haltung, nachvollziehbarer Struk- tur und verständlicher Sprache. Arbeiten Sie zuerst an diesen Baustellen und schau- en anschließend, wie sich das auf Ihre Kör- persprache auswirkt – das ist zielführen- der, nachhaltiger und spart im Endeffekt jede Menge Zeit in der Vorbereitung. Körpersprache hat eine enorme Kraft in der Kommunikation. Ein individuelles Medientraining oder Präsenz-Coaching soll- te unbedingt auch zu einer präsenten und überzeugenden Körpersprache führen. Al- lerdings ohne an den Symptomen in Ges- tik und Mimik herumzudoktern. Sprache, Struktur, Haltung – wer sich im Vorfeld da- mit auseinandersetzt, hat in jedem Mee- ting, in der wichtigen Videokonferenz, auf der Vortragsbühne und vor den Kameras der Journalisten den Kopf frei. Für sein Publikum und seine Botschaften. Und die Legosteine der Kinder können auch in der Kiste bleiben. –