SparkassenZeitung 02/21 SCHWERPUNKT NACHHALTIGKEIT RUBRIK 11 Geldanlagen mit Haltung BERATER MÜSSEN IN DER WERTPAPIERBERATUNG UMDENKEN. SIE SIND AB 2021 RECHTLICH VERPFLICHTET, IHRE KUNDEN AUF NACHHALTIGE KAPITALANLAGEN HINZUWEISEN. ZEHN TIPPS FÜR BERATER. – 1. NACHHALTIGE KAPITALANLAGEN SIND EIN 3. WOLLEN SIE DIE VORZÜGE VON NACHHAL- KOMPLEXES THEMA. Daher muss ein Beratungsgespräch beson- ders gut vorbereitet sein. So sollten Sie die Unterschiede bei den Nachhaltigkeitskri- terien wie ESG aus dem Effeff beherrschen, um sie dem Kunden leicht verständlich zu vermitteln. 2. NEHMEN SIE ELEKTRONISCHE HILFSMITTEL BEIM BERATUNGSGESPRÄCH ZUR HAND. Ein I-Pad kann dazu beitragen, dem Kunden anhand von Bildern oder Diagrammen die Nachhaltigkeitsbegriffe anschaulich zu erläutern. Damit bauen Sie bei den Kunden Hemmschwellen ab. TIGEN KAPITALANLAGEN VERMITTELN, SOLLTEN SIE AUCH ALS BERATER AUTHEN- TISCH UND GLAUBWÜRDIG AUFTRETEN. Kein Kunde wird auf eine nachhaltige Wertpapieranlage setzen, wenn Sie sich nicht selbst zuvor mit dem Thema ausein- andergesetzt haben. Dabei ist wichtig, dass Sie auch persönlich eine Haltung zu grünen Investments entwickeln. 4. SEIEN SIE AUF KRITISCHE FRAGEN VORBEREITET. Dazu gehören vor allem Anmerkungen der Kunden zur Fondsstruktur, beispielsweise nach Rüstungsgütern oder Kinderarbeit. Hier sollten Sie die richtigen Antworten griffbereit haben. 5. ZEIGEN SIE DIE NACHHALTIGKEITS-STRATE- GIE IHRES HAUSES AUF. Ob CO2-Ausstoß oder soziale Engage- ments – zu typischen Fragen der Kunden gehört auch, wie sich die Sparkasse selbst nachhaltig aufstellt. Nutzen Sie die Chance, um Strategie und Vorhaben Ihres Hauses aufzuzeigen. 6. WEISEN SIE AUF DIE SELBSTVERPFLICH- TUNG HIN. Mehr als 170 Sparkassen, acht Landesban- ken und Verbundunternehmen haben eine Selbstverpflichtung für klimafreundliches und nachhaltiges Wirtschaften unterzeich- net. Weisen Sie den Kunden beim Bera- tungsgespräch gegebenenfalls darauf hin, dass auch Ihr Haus dazugehört. Das stärkt das Interesse für das Thema. 7. NACHHALTIGKEIT IST KEIN MARKE- TING-GAG. Vermitteln Sie beim Kunden nicht das Gefühl, Greenwashing bei Kapitalanlagen zu betreiben. Vermeiden Sie daher – auch schon unterbewusst – Übertreibungen jeglicher Art. 8. SEIEN SIE VORSICHTIG, WENN SIE NACH- HALTIGKEITS-RATINGS INS SPIEL BRINGEN. Die Anbieter solcher Ratings sind unregu- liert. Da sie keinem einheitlichem Regel- werk unterliegen, öffnen sie Tür und Tor für Greenwashing. Wertpapieraufseher fordern daher seit Längerem, dass die EU hier strenge Richtlinien ansetzt. 9. RÄUMEN SIE BEI DEN KUNDEN MIT VORURTEILEN AUF. Nachhaltige Kapitalanlagen gelten bei vielen Anlegern als renditeschwach. Doch das Gegenteil ist meist der Fall. Nachhaltige Geldanlagen erzielen gegenüber her- kömmlichen Finanzprodukten teils deutlich höhere Renditen. 10. ACHTEN SIE AUF DIE KUNDEN- BEDÜRFNISSE. Eine nachhaltige Geldanlage passt nicht zu jedem Kunden. Wenn also der Kunde kein Interesse an Nachhaltigkeit signali- siert, sollten Sie dieses Thema auch nicht weiterverfolgen. – „Es gilt, im Kundengespräch die richtigen Fragen zu stellen: Wie wichtig ist es Ihnen, bei der Geldanlage in Unternehmen zu in- vestieren, die für eine nachhaltige Unter- nehmenspolitik stehen? Welche Bedeu- tung hat es für Sie, Ihre Geldanlage mit verantwortungsvollem Handeln zu verbin- den? Wollen Sie mit Ihrem Geld einen Bei- trag zum Klimaschutz leisten?“, beschreibt Petra Kunkel, Regionaldirektorin der Spar- kasse Hannover, das Vorgehen. Dadurch stellt der Berater fest, ob der Kunde seine Geldanlagen künftig stärker an nachhalti- ge Gesichtspunkten ausrichten will. Sind diese Fragen geklärt, rücken die ökonomischen Vorteile grüner Kapitalan- lagen bei der Beratung in den Mittelpunkt. Dabei herrscht großer Aufklärungsbe- darf. Denn viele Kunden sind skeptisch, ob sich nachhaltige Anlagen lohnen. „Nachhaltige Anlagen weisen eine Wertentwicklung auf, die in vielen Fäl- len sogar besser ist als bei konventionel- len Finanzprodukten“, sagt Kunkel. Dazu nutzt der Berater diverse Argumente. Bei- spielsweise: „Unternehmen, die effizient und umweltbewusst mit ihren Ressour- cen umgehen, sparen Kosten.“ Oder: „Fir- men, die innovative Technologien zum Klimaschutz entwickeln, erschließen sich neue Absatzmärkte“, so die Direktorin. „Wenn wir diese Zusammenhänge ver- deutlichen, dann verstehen das unsere Kunden“, unterstreicht sie. Wichtig ist für Kunkel aber auch, dass jeder Berater selbst eine eigene Hal- tung zu Nachhaltigkeit entwickelt. „Nur dann kann er das Thema glaubwürdig vermitteln“, sagt die Spezialistin. Dabei sollte der Berater auch die Position der Sparkasse aufzeigen. Das hilft den Kun- den zu überzeugen, sich mehr für nach- haltige Geldanlagen zu öffnen. Gut vorbereitet in Beratungsgespräche Geschickt spricht auch die Förde Sparkas- se ihre Kunden bei Beratungsterminen auf nachhaltige Kapitalanlagen an. „Wirt- schaftspolitische Themen sind grund- sätzlich gute Aufhänger für ein Gespräch. So kommt man schnell auf das Thema e v i t a e r C e g d E / k c o t s r e t t u h S : n o i t a r t s u l l I ; e s s a k r a p S , i k s n i p i L : s o t o F Nachhaltigkeit zu sprechen“, sagt Richard Bartsch, Abteilungsleiter Wertpapierma- nagement der Förde Sparkasse. Von seinen Beratern fordert er, sich gut auf die Kundengespräche vorzuberei- ten. „Typische Fragen zur Fondsstruktur, wie beispielsweise nach der Rüstungsin- dustrie, Elektroautos mit der Batteriepro- blematik oder Kinderarbeit, sind immer zu erwarten. Die Beraterinnen und Bera- ter sollten auf solche Fragen Antworten parat haben.“ Kein Greenwashing Doch Bartsch rät den Beratern, beim Kun- dengespräch behutsam vorzugehen: „Fal- len Sie nicht mit der Tür ins Haus. Nachhal- tigkeit ist kein Marketing-Gag. Vermitteln Sie nicht das Gefühl, Greenwashing zu be- treiben. Vermeiden Sie daher – auch schon unterbewusst – Übertreibungen jeglicher Art“, so der Leiter Wertpapier-Manage- ment der Förde Sparkasse. Steht ein Kundentermin an, schafft die Sparkasse ein entsprechendes Ge- sprächsklima. Dabei rücken die Berater das Thema nachhaltige Anlagen in den Fokus – beispielsweise auch durch opti- sche Elemente: „Wir setzen zum Beginn eines Wertpapiergesprächs auf kleine, sagen wir, subtile Signale. So tragen un- sere Berater zum Vertriebsschwerpunkt WP-Anlage eine kleine Anstecknadel in Farben der 17 UN-Ziele“, so der Spezialist. Die schillert in Rot für „bezahlbare und saubere Energie“ bis grün für „Maßnah- men zum Klimaschutz“. Deutlich sichtbar für Kunden legt die Sparkasse auch das Magazin „Der Be- rater“ mit Schwerpunkt Nachhaltigkeit auf die Besprechungstische. Das soll die Kunden für das Thema sensibilisieren. Auch digitale Hilfsmittel setzen die Bera- ter ein, um die Kunden über nachhaltige Kapitalanlagen aufzuklären. „Beispiels- weise nutzen wir eine Übersichtsfolie auf dem I-Pad, mit der wir sehr simpel und anschaulich den Kundinnen und Kunden die Unterschiede zwischen den ESG-Kri- terien und den Nachhaltigkeitszielen der UN veranschaulichen können“, erläutert der Abteilungsleiter. Dies sieht Tina Hecking, Portfoliomana- gerin bei der Hamburger Sparkasse, ähn- lich: „Die Produkte überzeugen durch ih- ren Kursverlauf meist selbst. Zudem ist die notwendige Transformation der Wirt- schaft in aller Munde. Die daraus entste- henden Chancen haben damit eine hohe Plausibilität.“ Auf Kundenbedürfnisse eingehen Auch die Frankfurter Sparkasse will von dem wachsenden Kundeninteresse an dem Segment profitieren. „Nachhaltig an- legen ist einfach“ – so wirbt die Sparkas- se in einem separaten Bereich auf ihrer Webseite für grüne Investments. Dabei können Kunden mit wenigen Klicks einen Termin mit ihrem Berater vereinbaren. „Wie in jedem Beratungsgespräch zeigen wir unseren Kunden ihre individu- ellen Investitionsmöglichkeiten auf. Pas- sen nachhaltige Wertpapiere zum Profil des Kunden, weisen wir natürlich auch auf diese Option hin“, betont eine Spre- cherin der Sparkasse. Dennoch ist es den Frankfurtern wichtig, genau auf die Kun- denbedürfnisse einzugehen. „Wir verfolgen nicht das Ziel, mög- lichst viele nachhaltige Anlagen zu ver- mitteln. Primär möchten wir unsere Kun- den mit den Produkten versorgen, die zu ihnen passen. Sollten nachhaltige An- lagen darunter sein: umso besser – dies kann aber nicht das ausschlaggeben- de Kriterium sein“, betont eine Sparkas- sen-Sprecherin. Denn für das Frankfurter Institut gilt bei Beratungsgesprächen: „Wir zeigen un- seren Kunden grundsätzlich transparent, warum wir glauben, dass die von uns vor- geschlagene Anlage gut zu ihrem Profil passt und ihre Bedürfnisse erfüllt – un- abhängig vom thematischen Fokus der Anlage.“ Das sieht auch Abteilungsleiter Bartsch von der Förde Sparkasse so: „Eine nachhaltige Geldanlage passt als Thema nicht zu jedem Kunden. Wenn also der Kunde kein Interesse an Nachhaltigkeit signalisiert, sollten Berater dieses Thema auch nicht weiterverfolgen.“ – Nachhaltige Unternehmen und Produkte werden in Zukunft eine Nachfrageumver- teilung erleben. RICHARD BARTSCH, ABTEILUNGSLEITER WERTPAPIER- MANAGEMENT DER FÖRDE SPARKASSE Wachstum bei grünen Anlagen Dass die Sparkassen ihre Privatkunden auf grüne Investments aufmerksam machen müssen, könnte auch das Provisionsge- schäft der Institute stärken. Denn Bartsch ist überzeugt, dass nachhaltig geführte Unternehmen für Anleger interessanter werden. „Nachhaltige Unternehmen und Produkte werden in Zukunft eine Nach- frageumverteilung erleben. Das bedeutet, dass solche Unternehmen durch eine ver- mehrte Nachfrage mehr Umsatz generie- ren“, erwartet der Wertpapierspezialist. Das habe Auswirkungen auf die Pro- fitabilität und Gewinne. „Langfristig wird dies zu steigenden Kursen an der Börse führen“, so der Abteilungsleiter.