SparkassenZeitung 06/21 BETRIEBUNDBANKSTEUERUNG RUBRIK 7 weggenommen und ein neues, besseres System hingestellt, das die Vorteile der beiden bisherigen Systeme kombiniert. Jetzt ermuntere ich doch alle Häuser, die- sen neuen Weg mitzugehen. Wir haben hier die große Chance, mit den Instituten der Deutschen Kreditwirtschaft an einem Strang zu ziehen und mit einem Zahlver- fahren aus einem Guss die Nummer eins zu werden. Ziehen in der Deutschen Kreditwirt- schaft tatsächlich alle an einem Strang? Ja. Wir konnten uns hier sogar als Spar- kassen durchsetzen mit dem Ansatz, das neue System mit Giropay zu verbinden – und damit die Onlinebanking-Zugangs- daten als Zahlungsauslöser nutzbar zu machen. Allein die Onlinebanking-Zu- gangsdaten der Sparkassen werden 30 Millionen Mal am Tag genutzt. Es sind die am meisten genutzten Zugangsdaten im E-Commerce. Sparkassen, Privat- und Genossenschafts- banken sind sich ja nicht immer einig. Sicher gibt es unterschiedliche Geschäfts- strategien. So mag etwa der eine ein kos- tenloses Girokonto in den Mittelpunkt rücken, während der andere dessen Wert- haltigkeit betont. Und jeder hat eigene IT-Herausforderungen. Aber uns eint die Einsicht, dass wir die Girokonten stärken und gut ausstatten müssen. Tatsächlich kooperieren wir ja bei Paydirekt, Giropay und Kwitt längst säulenübergreifend, und das von allen Bankengruppen gestütz- te Girocard-System hat sich gerade in der Coronakrise als beliebtestes Zahlungs- mittel bewährt. Die Anzahl der Zahlungen per Girocard hat sich 2020 um fast 22 Pro- zent auf 5,5 Milliarden erhöht. Das Bundeskartellamt bleibt gelassen? Wir müssen in der Tat jeden #DK-Teil- schritt mit dem Bundeskartellamt ab- stimmen, obwohl unsere Marktanteile im E-Commerce noch sehr gering sind. Aber das Amt trägt unsere bisherigen Schrit- te mit, und wir werden uns weiterhin gut mit ihm abstimmen, zumal wir künftig die Verhandlungskompetenz für Paydirekt erhöhen wollen, um direkte Verträge und Entgelt-Verhandlungen mit Händlern im E-Commerce führen zu dürfen. Es ist inef- fizient, dass Händler bei Vertragsverhand- lungen mit jeder einzelnen Bank oder Verbundgruppe sprechen müssen. Ein Anbieter wie Paypal hat übrigens deutlich höhere Marktanteile als wir und darf sein Angebot ohne Probleme unter einer Marke mit einer Vertragskonstruktion anbieten. Sie erwarten nicht, dass es irgendwann heißt: Bis hierhin, und nicht weiter. Angesichts unserer geringen Marktantei- le glaube ich nicht, dass es hierzu Anlass gibt. Offen gesagt, das Problem hätte ich gern. Aktuell ist es so, dass wir quasi der Fintech sind. Übrigens liegt die Federfüh- rung der Deutschen Kreditwirtschaft ja aktuell bei der Sparkassen-Finanzgrup- pe, und meine Kollegen im DSGV arbeiten wirklich sehr konsistent, stringent und er- folgreich mit dem Kartellamt zusammen. Am #DK-Projekt sind viele Unternehmen der Gruppe beteiligt, Landesbanken, DSV-Gruppe, FI, DSGV – wie bewerten Sie das Zusammenspiel? Der Konsens ist viel größer als viele glau- ben. Sicher gibt es unterschiedliche Schwerpunkte, je nachdem, welche Ei- gentumsrechte ein Unternehmen hat, aber wir stimmen uns regelmäßig ab und räumen mögliche Konflikte aus, be- vor sie überhaupt entstehen können. Im- merhin haben wir alle den Auftrag des DSGV-Fachausschusses Betrieb, die Be- zahlverfahren erfolgreich weiterzuentwi- ckeln. Das eint uns. Wie wird das neue Bezahlsystem finanziert? Die Weiterentwicklung von Paydirekt, Gi- ropay und Kwitt wird aus den bestehen- den Etats der hier engagierten Kreditins- titute finanziert. Auch weiterhin werden wir viele Aktivitäten aus den bestehenden Mitteln finanzieren. Sollten beim Projekt #DK allerdings große Investitionen not- wendig werden, würden die nicht aus den laufenden Budgets finanzierbar sein. ALLESAUFEINEMARKE DieKreditwirtschaftführtimProjekt#DKdieOnline-BezahlverfahrenPaydirekt undGiropaysowiedasP2P-VerfahrenKwittunterderMarkeGiropay(„giro- payNeu“)zusammen.DieE-Commerce-LösungenGiropayundPaydirektwaren bereitsEnde2020imUnternehmenPaydirektGmbHzusammengeführtworden. NunwirdauchderGeldsendedienstKwittangebunden.DasZiel:Künftigkönnen KundinnenundKundenüberalldortmitihremGirokontozahlenundeinfach Geldsenden,wodieneueMarkeGiropayakzeptiertwird–egalobsiefürdas VerfahrenregistriertsindoderdasOnlinebankingnutzen. BestandskundenwerdenindenkommendenMonatenandasneueGiropayhe- rangeführt;SparkassensowiediePaydirekt-HändlerstellenaufdieneueMarke um.InderÜbergangsphasekönnenKäuferbeiPaydirekt-Händlernbereitsmit beidenVarianten,entwedermitOnlinebanking-ZugangoderzumBeispielmit E-Mail-AdressealsBenutzername,zahlen. ErsteinmalräumendieSparkassendenHeimatmarkt auf.PerspektivischsollendieKundinnenundKunden europaweiteineeinheitlicheZahlungslösungnutzen können. Werden die Kosten eigentlich wieder eingespielt, und wenn ja, wann? Es ist geplant und notwendig, dass sich die Paydirekt GmbH langfristig refinan- ziert, über Transaktionen, Händlerentgel- te oder einen Teilnahmebetrag, den die Sparkassen bezahlen. Aber natürlich ha- ben wir eine Anschubfinanzierung über ein Gemeinschaftsbudget eingebracht. Im nächsten Schritt werden wir die Gi- rocard integrieren. Kunden und Handel verlangen hier mittelfristig eine Omnika- nallösung. Und dann wird es darauf an- kommen, die Verfahren international zu verankern, um Größenvorteile zu nutzen. An einer einheitlichen europaweiten Zah- lungslösung arbeiten wir ja in der Europe- an Payment Initiative, kurz EPI. Ist es schon klar, wie die Einnahmen auf die Gesellschafter verteilt werden? Es gab einen langen Diskussionsprozess in der Gruppe dazu, wie eine angemesse- ne und faire Verteilung unter den Investo- Was ist das Ziel der European Payment Initiative? Die mittlerweile 33 in der EPI vertretenen Banken, Acquirer und Bankenverbände, darunter auch der DSGV, wollen eine euro- „Wir sortieren unser Angebot und schaffen die Voraussetzung, um den Markt anteil im E-Com- merce auf ein angemessenes Niveau zu bringen.“ ren aussieht. Aber das ist geklärt, wir sind hier immerhin schon seit sechs Jahren unterwegs. Die neue Marke Giropay ist ja nur ein erster Schritt – welche weiteren Schritte sieht die Strategie der Sparkassen für digitales Bezahlen vor? Mit dem #DK-Projekt räumen wir den Hei- matmarkt auf und bringen die Instrumen- te der Kreditwirtschaft auf ein angemes- senes und kundenfreundliches Niveau. paweite Zahlungslösung entwickeln, mit der bisher national agierende Player ge- gen dominierende Anbieter aus Übersee wie Mastercard, Visa, Paypal, Google oder Apple konkurrieren können. Wir müssen zumindest prüfen, ob wir nicht einen eu- ropäischen Payment-Channel aufstel- len können, ohne unsere na tio nalen Zah- lungsverkehrsgewohnheiten auf geben zu müssen. Jeder bringt ein, was er hat. Wir suchen gemeinschaftlich das Beste aus oder bauen etwas Neues auf. Sie sind Vorsitzender des Verwaltungs- rats der EPI-Interimsgesellschaft. Wie gestaltet sich die Arbeit mit den Banken? Die EPI Interim Company in Brüssel hat allein den Auftrag, die späteren Entschei- dungen angemessen vorzubereiten. 40 Vollzeitmitarbeiter entwickeln über neun Monate hinweg Entscheidungsvorlagen zu Technologie, Business Case, Marken, Features oder zu möglichen Kooperatio- nen zum Beispiel im Bereich technischer Standards mit Mastercard und Visa. Die EPI-Mitglieder haben unterschiedliche Prioritäten und Ausgangslagen. Deutsch- land und Frankreich etwa sind stark bei nationalen Kartensystemen, die Nieder- lande und Spanien verfügen über gute und stark genutzte E-Commerce- und P2P-Bezahlverfahren. Hier gemeinschaft- lich den besten Weg zu finden und die nationalen Gepflogenheiten zu berück- sichtigen, ist anspruchsvoll. Durch meine Arbeit in der Sparkassen-Finanzgruppe bin ich aber einigermaßen gestählt, was solche Themen angeht. Wie viel Geld und Zeit haben Sie dafür? Das Projekt ist im Juli 2020 gestartet, und nun dauert es allein neun Monate, um Entscheidungen vorzubereiten. Der Zeitplan ist durchaus streng und ehr- geizig. Wir mussten eine Gesellschaft nach belgischem Recht gründen, gute Leute fin- den und einstellen, dann kam auch noch die Coronakrise. Da wurde nicht getrö- delt. Das Budget, das sich unter 31 Ban- ken und zwei Acquirern verteilt, liegt bei rund 30 Millionen Euro allein für die Inte- rim Company. Damit kann man arbeiten. –