SparkassenZeitung 12/20 VERTRIEB 21 Also wird es dauerhaft bleiben, ist aber augenblicklich besonders akut. Büttner: Das OZG ist ein ganz wichtiger Impuls. Da tut sich jetzt etwas in jeder Gemeinde, in jeder Stadt, in jedem Land- kreis. Jetzt können die Sparkassen ihre Nähe zur Kommune nutzen und sie aktiv unterstützen. Stollarz: Jetzt ist wichtig, dass wir diesen Schwung mitnehmen und kommunale Prozesse digitalisieren. Damit bekommen die Kommunen auch eine gewisse Übung, sie sehen, wie das funktioniert und dass es funktioniert. Dann können viele weite- re Funktionalitäten sukzessive nachgezo- gen werden, bis irgendwann jeder Prozess vollkommen digitalisiert und automa- tisiert stattfinden kann. Das ist die Pers- pektive. Und das verankert die Sparkasse noch weiter in der Kommune, denn das ist ja auch ein Punkt: Wir vertiefen die Wech- selbeziehung zwischen Kommune und Sparkasse, wir erhöhen die Relevanz der Sparkasse noch einmal zusätzlich. Welche Rolle spielt der Kunde Kommune heute für die DSV-Gruppe? Büttner: Für unsere auf Payment-Angebo- te für den öffentlichen Dienst spezialisier- te Tochtergesellschaft Girosolution sind die Kommunen schon seit Jahren wichti- ge Partner, wir haben über 2000 Kommu- nen im Zahlungsverkehr angeschlossen. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, dass die- ses Segment noch deutlich größer werden wird, es wird mit Sicherheit ein immer wichtigeres Thema für die DSV-Gruppe. Wir wollen das „Spielfeld“ für die Spar- kassen-Finanzgruppe erweitern, pointiert gesagt: Nicht nur das Konto der Kommu- ne verwalten, sondern die Kommune auf dem Weg der Digitalisierung begleiten. Neben dem OZG haben Sie Corona als Treiber genannt. Inwiefern hat die Pandemie das Verhältnis von Bürgern und Verwaltung berührt? Stollarz: Ich kann Ihnen meine persönli- che Erfahrung berichten, denn ich habe während des Lockdowns im Frühjahr ei- nen neuen Personalausweis benötigt. Die Bürgerbüros waren geschlossen, einen Ansprechpartner zu finden, war schwie- rig. Ich habe mich um einen Termin be- müht – keine Chance. Online kam ich ebenfalls nicht weiter. Es ist für die Kom- munen durchaus anspruchsvoll, den Ser- vice zu bieten, den der Bürger erwartet. Also herrscht noch analoge Amtsstube statt E-Government? Büttner: Die Prozesse werden sehr häufig nicht digital abgebildet. Wenn ich heute einen neuen Ausweis bestelle, dann muss ich aufs Amt gehen und einen anderen Ausweis mitbringen, um mich zu identi- fizieren. Dann fülle ich papierne Formula- re aus, unterschreibe auf Papier, reiche ein Foto als Hardcopy ein, und irgendwann werde ich informiert, dass mein Ausweis fertig ist. Am Ende wird noch etwas Bar- geld in eine Schatulle gelegt. So ist heute der Prozess. Und der muss digital werden. Läuft das überall noch so, wie Sie es beschreiben? Stollarz: Einige Kommunen haben be- stimmte Prozesse schon digital umge- setzt, aber längst nicht alle. Das Bewusst- sein für einfache, schnelle, unkomplizierte Prozesse ist aber da, und die Erwartungs- haltung der Bürger ebenso. Wie können die Sparkassen die Kommunen dabei unterstützen? VIELFÄLTIGES ANGEBOT DES KOMPETENZCENTERS E-GOVERNMENT DER SPARKASSEN-FINANZGRUPPE Neben den klassischen Finanzlösungen wie den Kommunalkrediten oder dem Geschäftskonto bieten die Sparkassen Produkte und Dienstleistungen für Themen wie E-Government, E-Mobility oder Nachhaltigkeit an. Dazu gehören unter anderem Lösungen für bargeldloses Bezahlen im ÖPNV oder an der E-Ladesäule. Für die nachhaltige Beschaffung von Büro-, Werbe- oder Gebäudeausstattung gibt es mit dem Kommunalen Einkaufsshop eine Lösung, die Kommunen Zugang zu einer breiten Produktpalette zu attraktiven Konditionen bietet. Gemeinsam mit den Sparkassen vor Ort bietet die Girosolution, das Kompetenzcenter für E-Government der Sparkassen-Finanzgruppe, Lösungen für Themen von E-Pay- ment, E-Rechnung, kommunales Portfoliomanagement, e-ID, Formularmanagement und mehr. Damit Verwaltungsdienstleistungen im Internet einfach und sicher bezahlt werden können, bietet Girosolution Kommunen die Multi-Bezahllösung „Giro-Checkout“ zur Integration in ihre Bürgerportale an. Damit lassen sich alle gängigen Online- Bezahlverfahren einbinden. Mithilfe von Full-Service-Antragsformularen können Kommunen Services unkompli- ziert anbieten. Hierfür bietet Girosolution eine Lösung an, in die bereits Giro-Checkout sowie ein Authentifikationsdienst integriert sind. Das Angebot ist eine Kooperation mit der DSV Service. Deren langjährige Erfahrung im Formularmanagement wird nun über die Zusammenarbeit mit Girosolution auch für Kommunen verfügbar. Bei der Umstellung auf elektronische Rechnungen unterstützt Girosolution Kommunen mit der Lösung „S-Rechnungs-Service“. Rechnungen können so einfach, schnell und sicher elektronisch empfangen und versendet werden – ohne Eingriff in die IT-Infra- struktur und ohne Schulungsaufwand. Kommunale Kreditportfolios lassen sich mit „S-Kompass“ einfach und präzise elek- tronisch verwalten. Ein Tool, das bei der Verwaltung und Steuerung von kommunalen Krediten ermöglicht, sich von Karteikästen oder selbstgestrickten Excel-Lösungen zu verabschieden und stattdessen auf Zins- und Tilgungspläne auf Knopfdruck, einem automatisierten Berichtswesen und umfassende Analysemöglichkeiten zu setzen. Büttner: Die Erwartungen der Bürger an die Kommunen sind enorm. Ein jun- ger Mensch erwartet beispielsweise einen Breitbandanschluss, einen funktionieren- den ÖPNV, Lademöglichkeiten für sein Elektroauto und vieles mehr. Wie kann man das begleiten, wie kann man das ent- wickeln? Viele Kommunen fragen sich beispielsweise, wie sie beim Thema E-Mo- bility vorankommen können. Diesen Pro- zess können wir als Sparkasse unterstüt- zen. Wir müssen Wegbegleiter sein, und wir wollen die Kommunen an dem, was wir besonders gut können, teilhaben las- sen. Das können Payment-Lösungen sein, aber auch die elektronische Rechnung oder ein Einkaufsportal. All das, was wir als Sparkassen gut können, brauchen die Kommunen genauso. Wir wollen Begleiter sein auf deren Weg in die Zukunft. Weiß die Kommune denn, dass die Spar- kasse auch für ein Thema wie E-Mobility der Ansprechpartner sein kann? Büttner: Ich nehme aus unseren Gesprä- chen mit den Sparkassenvorständen auf, dass diese Diskussionen mit dem Ober- bürgermeister oder mit dem Landrat ge- führt werden. Und natürlich sind die auch beim Thema Digitalisierung unterschied- lich aufgestellt. Diese Themen starten jetzt. Das sollten wir jetzt in der Breite begleiten. Das bedeutet, dass auch der Bedarf an Lösungen sehr vielfältig ist. Büttner: Das ist richtig, die IT- und Prozess- landschaft ist bei den Kommunen sehr un- terschiedlich. Es gibt Bundesländer, in denen alle Kommunen an ein einziges Re- chenzentrum angeschlossen sind, andere Bundesländer haben noch eine Vielzahl von Rechenzentren. Zusätzlich haben wir bundesweit keine homogene Landschaft bei Fachverfahren. Hier wird Standardisie- rung benötigt. Das kennen wir gut und un- terstützen hier bereits sehr aktiv. Was haben wir möglichen Wettbewerbern noch voraus? Stollarz: Die Verfahren, die wir anbieten, sind schon gelernt und erprobt, sie sind beim Bürger bekannt und frei von „Kin- derkrankheiten“. Es handelt sich eigent- lich um eine Zweitverwertung von The- men, die wir ohnehin machen und für die wir bekannt sind, wie Giro-Checkout, S-Rechnungs-Service oder S-Kompass, um drei wesentliche Themen zu nennen. Insofern sind wir mit unserer Expertise und unserem Hintergrund konkurrenz- los. Es geht uns darum, den Kommunen zu helfen, und wir bieten Ansätze, die so- fort funktionieren. Das ist unser Alleinstel- lungsmerkmal. Wir können den Kommu- nen helfen, ohne dass sie viel Geld in die Hand nehmen müssen und ohne dass sie riesigen technischen und organisatori- schen Aufwand haben. Wie sehen Sie die Rollenverteilung zwischen den Sparkassen vor Ort, der DSV-Gruppe und der Girosolution – wer ist der Ansprechpartner für die Kommune? Büttner: Ganz klar die Sparkasse. Sie un- terhält eine intensive Beziehung vor Ort, sie kennt die individuellen Bedürfnis- se der Kommune. Wir unterstützen die Sparkassen. Wir sind in der DSV-Gruppe, mit der Girosolution als Kompetenzcen- ter E-Government der Sparkassen-Finanz- gruppe sowie deren „Schwester“, der DSV Service mit ihrer Formularexpertise, der Partner, wir unterstützen dort bei allen Fragen zu diesen Themen. Um welche Lösungen geht es? Büttner: An erster Stelle stehen natürlich intelligente, digitale Formulare und die zugehörigen Payment-Lösungen. Aber Sie können auch an unsere Sparkassen-Ein- kaufsgesellschaft SEG mit ihrem Ein- kaufsportal denken; das ist ein Angebot, das den Kommunen sehr hilft, ihre Ein- kaufsprozesse zu optimieren. Stollarz: Ich ergänze das Thema Ladesäu- le, der ganze Komplex E-Mobility und Ver- sorgung ist sehr interessant. Wir wollen nicht nur die Payment-Funktionalität in die Ladesäule integrieren, sondern wir sind über die SEG auch mit Anbietern von Ladesäulen in engem Austausch, wir ma- chen die Entwicklung zusammen und am Ende bekommt der Kunde ein gemeinsa- mes Angebot. Was haben Sie noch im Portfolio? Büttner: Payment ist unser Kernprodukt, da kommt die Girosolution her. Aus die- sem Payment-Thema haben wir aber mehr entwickelt. Sehen wir uns ein Fachverfah- ren an: Wenn Sie Ihre Sperrmüllabholung digital beauftragen wollen, brauchen wir zunächst eine Identifikation – wir müssen ja wissen, wer Sie sind. Im Fachverfahren ergänzen Sie dann die nötigen Informa- tionen und zuletzt wird mit einer Rech- nung oder mit einem Payment finalisiert. Das sind die drei Teile: die Identifikation, das Verfahren und der Abschluss in Form einer Zahlung. Wir können Identifikation und wir können Payment. Im Dialog mit den Kommunen hören wir dann auch, dass sie beispielsweise einen Chatbot gut gebrauchen könnten, um die Masse an Anfragen besser bewältigen zu können. Und es gibt eine Vielzahl an Kommunen, die wir mit S-Kompass beim Schuldenmanagement unterstützen. Und wie interessant ist das Thema aus rein wirtschaftlicher Sicht – für die Spar- kasse und für die DSV-Gruppe? Stollarz: Das ist eine klassische Win-Win- Win-, also eine dreifache Win-Situation. Die Kommune kommt ihren Verpflichtun- gen nach, die Girosolution liefert Services, daran partizipieren die Sparkassen, die im unmittelbaren Kontakt zur Kommune stehen – damit hat man für alle drei Teil- nehmer in diesem Kreis ein interessantes Modell. Und nicht zuletzt: Wir machen die Digitalisierung für den Bürger tatsächlich erlebbar. –